Digitale Transformation, Geschäftsmodell, Online-Handel, Online-Shop
Um ein besseres Verständnis für das Thema Online-Shop beziehungsweise Online-Handel zu bekommen, ist es ratsam, kurz die Anfänge des Online-Handels zu betrachten. Der Beginn des Online-Handels wird mit dem Datum 1972 in Verbindung gebracht, wo Markoff 2005 in seinem Buch „What the Dormouse Said: How the Sixties Counterculture Shaped the Personal Computer Industry“ beschreibt, wie der Online-Verkauf stattfand. Demnach fand die erste Online-Transaktion über das Arpanet – Netzwerk der Universität von Stanford mit Kollegen am Massachusetts Institute of Technology statt (vgl. Markoff, 2005, S. 109, Power, 2013). Im Mai 1984 fand über eine von Aldrich entwickelte Teletext-Funktion des Fernsehers in Verbindung mit einer Telefonfestnetzleitung der erste Lebensmittel-Einkauf von Margarine, Cornflakes und Eiern in der Höhe von £117,6 statt, wie BBC online 2013 berichtete. Das dritte Datum bezieht sich auf den 11. August 1994, demnach soll Phil Brandenberger die erste verschlüsselte Kreditkartenzahlung über den US-Marktplatz Netmarket getätigt haben, um damit eine Sting-CD gekauft zu haben (vgl. t3n.de, 2019; The New York Times, Lewis, 1994). Am 16. Juli 1995 verkaufte Jeff Bezos von Amazon, das erste Buch über eine Internetbestellung, wie Heinemann im Buch „Der neue Online-Handel“ berichtet (vgl. Heinemann, 2016, S. V).
Die Erkenntnisse aus den Anfängen des Online-Handels zeigen auf, dass die technischen Möglichkeiten der Vernetzung von Computern, in Verbindung mit Telefonleitungen, im Fokus standen. Die sich daraus entwickelnden Innovationen schufen die Grundlage für den heutigen digitalen Online-Handel und somit die Erschießung eines neuen Handelsweges. Zu dieser Zeit stellte der stationäre Handel noch den Hauptumsatzmarkt dar und der Online-Handel spielte umsatzmäßig nur eine untergeordnete Rolle, wie sich aus der Umsatzstatistik des Handelsverbandes Österreich (2020) von 2006 bis 2018 gut ablesen lässt. Demnach wurden 2006 rund 0,7 Milliarden, 2018 rund 3,8 und 2020 bereits 4,2 Milliarden Euro im Online-Einzelhandel umgesetzt. Durch die Umsatzentwicklung ist erkennbar, dass der Online-Handel zunehmend eine immer größere Rolle bei der Umsatzentwicklung im Einzelhandel spielt. (Vgl. Handelsverband Österreich, 2020)
Literaturverzeichnis
Digitale Transformation, Einzelhandel, Online-Handel, Online-Shop
Digitale Transformation passiert mit uns und ohne uns und bringt zum Ausdruck, dass es sich dabei um einen Veränderungsprozess handelt und nicht um einen statischen Zustand (vgl. Brucker-Kley et al., 2018, S. 31). Welche Chancen bieten sich dadurch stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern, um zukunfts- und krisenfit ihr Einzelhandelsgeschäft zu positionieren? Und wie können stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler bei der digitalen Transformation ihres stationären Handelsgeschäftes vorgehen? Diese und viele andere Fragen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation entstehen, wenn sich Einzelhändlerinnen und Einzelhändler an neue Marktsituationen anpassen müssen, um in einer digitalen Welt überleben zu können. Heinemann hat in seinem Buch „Der neue Online-Handel“ bereits 2009 begonnen die Chancen und Möglichkeiten des Online-Handels zu beschreiben, mittlerweile ist er 2016 bei der siebenten vollständig überarbeiteten Auflage angelangt, in der der Versuch unternommen wird „eine Brücke zwischen Theorie und Praxis zu bauen“ (vgl. Heinemann, 2016, S. V–VI).
Was sind die Grundlagen für einen erfolgreichen Online-Handels-Geschäftsaufbau? – Heinemann beschreibt (2016, S. 33–35) im Kapitel 2.1 „Grundlagen des Online-Handels“ sechs Phasen, die es seiner Meinung nach zu beachten gilt und die nachfolgend auszugsweise wiedergegeben werden.
· Die Start- beziehungsweise Anfangsphase, die er mit den Jahren 1993–1999 in Verbindung bringt und wo die heute noch 10 größten existierenden E-Commerce-Plattformen, wie beispielsweise Amazon, eBay, und viele mehr entstanden sind.
· Von 1999–2005 traten die ersten Vergleichsportale und Suchmaschinen, wie Expedia, Shopping.com, Yahoo, Google und Booking.com zu Tage.
· Ab 2005 bis heute findet die Phase der Optimierung und Skalierung von Webseiten und Online-Shops statt.
· Ab 2008 kam der Begriff Web 2.0 auf und beschreibt die Weiterentwicklung „von starren hin zu bewegten Webseiten“, darüber hinaus wurden in dieser Zeit auch Communities und Mitgliedschaften digital transformiert und so neue Geschäftsmodelle erschaffen.
· 2010 ist das Jahr, wo die Mobile Phase in Erscheinung trat und auch heute noch laufend weiterentwickelt wird. Vor allem die großen Player wie Amazon und eBay, die durch die stetige Weiterentwicklung von mobil optimierten Webseiten mittlerweile einen Standard im Online-Handel gesetzt haben.
· Ab 2013 beschreibt Heinemann die Phase des Omnichanneling, bei der es um die Nutzung von mobilem Internet, Smartphones und Social Media geht und die Verarbeitung der damit von den Konsumentinnen und Konsumenten hinterlassenen Daten.
Wie Heinemann beschreibt, unterliegt der Online-Handel seit 2005 einer ständigen und permanenten Wandlung, jene Online-Shops die sich nicht angepasst beziehungsweise gewandelt und somit nicht den neuen Erkenntnissen in der E-Commerce Welt gefolgt sind, haben keine Zukunftsaussichten (vgl. United Nations, 2019, S. 40–42). Oswald und Krcmar verweisen in ihrem Buch „Digitale Transformation“ darauf, dass die digitale Transformation unausweichlich, unumkehrbar ist und ungeheuer schnell voranschreitet (vgl. Oswald und Krcmar, 2018, S. 7–8). Ein ständiges sich anpassen und optimieren von Funktionalität und „Shop-Auftritt“ ist nach Meinung Heinemanns notwendig, um am Online-Handelsmarkt bestehen zu können. Die direkte Einbindung von Kundinnen und Kunden in einen interaktiven Verkaufsprozess, indem Kundinnen und Kunden Produkt-Rückmeldungen und -Empfehlungen öffentlich machen und dies in sozialen Netzwerken posten und darüber reden, zeugt vom „Online-Marketing der neuen Generation“. Wie sich der Online-Handel in den nächsten Jahren entwickeln wird, ist noch nicht eindeutig klar, da dieser aber „vorrangig technologiegetrieben“ sein wird, sollte man den Fokus auf die „technischen Grundlagen des Online-Handels“ legen. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 35)
Worauf gründet der Online-Handel seinen Erfolg? Es sind mitunter die Erfahrungen aus dem klassischen Distanzhandel, wo beispielsweise Produkt-Kataloge von Firmen, wie Quelle, Universal, Neckermann und anderen eine wichtige geografische Lücke von stationären Geschäften, die von Menschen, die im nahen Umfeld wohnen und jenen die hunderte oder tausende Kilometer weit entfernt sind, geschlossen haben. Bestellungen werden postalisch, telefonisch oder mittels elektronischem Bestellformular aufgegeben. Ein besonderes Merkmal des Distanzhandels ist die räumliche Trennung zwischen Verkäufer und Käufer, der durch verschiedenartigste Medien, wie Kataloge, Prospekte, Zeitungen, Internet, Online-Shops und Mobile Commerce überbrückt wird, um das Angebot der Verkäuferinnen und Verkäufer zu den Konsumentinnen und Konsumenten zu bringen. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 54–55)
Unterscheidbarkeit und klare Abgrenzung gegenüber seinen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern sind weitere wichtigste Grundlagen für einen erfolgreichen Online-Handels- Geschäftsaufbau. Soll es ein oder mehrere USPs sein, um die Aufmerksamkeit von Kundinnen und Kunden zu erhalten? Ist es für Einzelhändlerinnen und Einzelhändler möglich, sich so schnell an neuen Kundenbedürfnissen zu orientieren beziehungsweise anzupassen? (Vgl. Heinemann, 2016, S. 56–58). Der einfach Online-Shop hat nach Heinemann (2016, S. 57) keine Zukunft, durchsetzen werden sich seiner Meinung nach nur mehr Online-Shops die mehrere „einzigartige Nutzerversprechen“ platzieren können, die von den Kundinnen und Kunden wahrgenommen werden. Inwieweit Einzelhändlerinnen und Einzelhändler mit bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, solch einzigartige Nutzerversprechen aus ihrem Unternehmen herauskristallisieren können und diese neben dem Angebot von Mitbewerbern und großen Internet-Handels-Plattformen so platzieren können, dass sie auch von potenziellen Konsumentinnen und Konsumenten wahrgenommenen werden, wird zu beobachten sein (vgl. Schwarzbauer et al., 2019. S. 3–4)
In der Studie von Little et al. (2020, S. 5) wird angeführt, dass bereits viele österreichische Unternehmen die Digitalisierung als Wachstumsfaktor erkannt und erfolgreich in Krisenzeiten ein- und umgesetzt haben. Denn eines ist klar, die finanziellen Mittel und personellen Ressourcen von stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern mit bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind begrenzt und können mit mittleren und großen Unternehmen nicht mithalten. Daher stellt sich die Frage, – was können stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in einer solchen Situation unternehmen, um doch noch ein erfolgreiches Online-Geschäft aufbauen zu können? Aber nicht nur die Herausforderung, die sich durch Mitbewerber ergeben, auch die betriebsinternen Herausforderungen, die sich dadurch ergeben, dass das klassische Geschäftskonzept des stationären Einzelhandels nicht eins zu eins auf einen Online-Shop übertragbar ist, stellt die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler vor eine Vielzahl neuer Aufgaben, die es mit den begrenzten Ressourcen zu bewältigen gilt. Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, die sich nach dem altbewährtem Muster eines Produktverkäufers verhalten, gehen in die falsche Online-Handels Richtung, vielmehr sollten sie versuchen eine eigene Marke aufzubauen und sich dabei an den Big Playern der Branche orientieren. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 302)
Wie Heinemann beschreibt muss ein “völliges Umdenken im Bereich Retail Branding, Markenprofil und Werbung“ gegenüber dem stationären Handelsdenken stattfinden, um von Konsumentinnen und Konsumenten im Internet mit seinem Angebot wahrgenommen zu werden (vgl. Heinemann, 2016, S. 58). Es geht um „Aufmerksamkeit und Markenbekanntheit“, um sich von der großen Anzahl an Online-Shops im Internet abzuheben, da Konsumentinnen und Konsumenten im Zweifelsfall immer auf bekannte Marken zurückgreifen. Da stellt sich die Frage, – wie schafft man Aufmerksamkeit und Bekanntheit? Eine Antwort liefert Heinemann (2016, S. 58) mit der Aussage, „dass vor allem kundenorientierte Geschäftsprozesse und uneingeschränkte Kundenorientierung wesentliche Erfolgsvoraussetzung im Online-Handel sind“. Darüber hinaus sind Geschwindigkeit, Effizienz und Durchgängigkeit von Prozessabläufen, wie von der Bestellung bis zu Warenauslieferung wesentliche Erfolgsfaktoren im Online-Handel, den Konsumentinnen und Konsumenten als ein wichtiges Kaufkriterium wahrnehmen. Die großen Big Player, wie Amazon, Apple haben im Bereich der Kundenorientiertheit und der damit verbundenen Geschwindigkeit von Prozessabläufen den Standard gesetzt. Unter dem Begriff „Customer Value Delivery Chain“ listet Heinemann die „Vorgaben des Customer Service“ von Amazon wie folgt auf:
· Mit einem Klick zum Kaufakt
· Mit drei Klicks zum Ziel
· Durchlaufzeiten unter 24 Stunden oder E-Mail
· Telefonische Erreichbarkeit Innerhalb einer Minute
· Rückruf nach maximal einer Stunde
· Lieferung im maximal 48 Stunden
· Kompromisslose Kundenorientiertheit
Wie Einzelhändlerinnen und Einzelhändler solchen Ansprüchen, wie sie die großen erfolgreichen Online-Händler vormachen und umsetzen, gerecht werden können, müssen die stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändler für sich selbst herausfinden. Mit Neuorientierung und Neuausrichtung und mit dem Anspruch schneller, schlanker, schlagkräftiger zu werden und einer kompromisslosen Kundenorientiertheit kann es gelingen, um auf dem Online-Handels-Markt bestehen zu können. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 62–63)
Literaturverzeichnis
Digitale Transformation, Einzelhandel, Geschäftsmodell
„Die Kundenzentriertheit muss Basis für das Geschäftsmodell eines jeden Online-Händlers sein“ (vgl. Heinemann, 2016, S. 33).
Stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler stehen vor der Wahl, entweder passen sie sich, an die sich verändernden Lebens-Rahmenbedingungen des Handels an, was Kundenerwartungen als auch die digitalen Handelsmöglichkeiten anlangt, oder sie werden vermutlich bankrottgehen. Denn 61,1 Prozent damit sind 5,4 Millionen Menschen in Österreich im Alter von 13 – 65+ Jahren gemeint, haben sich im März 2021 auf Facebook aufgehalten und sich mit Freunden ausgetauscht und vieles mehr (vgl. NapoleonCat, 2021). Die Lebensumwelt von Konsumentinnen und Konsumenten hat sich verändert und verändert sich stetig weiter, umso wichtiger ist es für stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler den Blick auf die laufende Veränderung des Lebensumfeldes von Konsumentinnen und Konsumenten und des Handelsumfeldes nicht zu verlieren. Daher ist es wesentlich für den Fortbestand von stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, sich mit einer möglichen digitalen Transformation ihres Handelsgeschäftes auseinanderzusetzen. Nach Aussage von Schallmo gibt es für den Begriff digitale Transformation noch keine allgemein gültige Definition, zudem werden die Begriffe „Digitalisierung und Digitale Zeitalter oftmals synonym verwendet“ wie Schallmo (2016, S. 3; BDI und Roland Berger 2015, S. 4) ausführt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Deutschland erläutert den Begriff Digitalisierung mit „umfassender Vernetzung aller Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft“ um deren Informationsgehalt praktisch zur Umsetzung zu bringen (vgl. BMWi, 2015, S. 3). Pousttchi bezeichnet die digitale Transformation durch den Einsatz von „digitalen Technologien und Techniken“ als eine Veränderung die sowohl das gesellschaftliche Alltagsleben als auch die Wirtschaft betreffen kann (vgl. Pousttchi, 2020). In jedem Fall bedeutet digitale Transformation Veränderung. Wie und in welcher Form diese Veränderung stattfinden kann, hängt einerseits von den Zielen der Einzelhandels-Unternehmerinnen und -Unternehmer ab und andererseits vom Verhalten, sowie den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten. Um eine digitale Transformation vollziehen zu können, bedarf es mehrerer entscheidender Fähigkeiten, zum einen die Gewinnung und Analyse von Daten und zum anderen diese Informationen entsprechend anwenden zu können, um aufbauend darauf Entscheidungen treffen zu können (vgl. Schallmo, 2016, S. 5). Schallmo (2016, S. 6) beschreibt ein Geschäftsmodell als die „Grundlogik eines Unternehmens“, wo es um den beidseitigen Nutzen von Kundinnen und Kunden und Unternehmen geht und den daraus zu entwickelnden Wettbewerbsvorteil. Nach der Theorie von Schallmo, beinhaltet ein Geschäftsmodell mehrere „Dimensionen und Elemente“ – diese sind:
· „Die Kundendimension beinhaltet die Kundensegmente, die Kundenkanäle und die Kundenbeziehungen.
· Die Nutzendimension beinhaltet die Leistungen und den Nutzen.
· Die Wertschöpfungsdimension beinhaltet die Ressourcen, die Fähigkeiten und die Prozesse.
· Die Partnerdimension beinhaltet die Partner, die Partnerkanäle und die Partnerbeziehungen.
· Die Finanzdimension beinhaltet die Umsätze und die Kosten.“
Ziel ist es laut Schallmo alle oben angeführten „Geschäftsmodell-Elemente“ so miteinander zu vereinen, dass es für Mitbewerberinnen und Mitbewerbern nur schwer möglich ist, das Geschäftsmodell zu kopieren. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 6) In einer zweiten, erweiterten Definition von „digitaler Transformation von Geschäftsmodellen“ beschreibt Schallmo die Zusammenhänge aller von einem Geschäftsmodell betroffenen Elemente, Technologien und Fähigkeiten und deren gemeinsames Zusammenspiel, um ein bestmögliches Geschäftsmodellergebnis zu erwirken, welches mit der Zielsetzung für: „Zeit, Finanzen, Raum und Qualität“ zur Umsetzung gelangen soll (vgl. Schallmo, 2016, S. 7). Welches Geschäftsmodell ist das Passende? – Könnte eine der Fragen sein, die sich stationäre Einzelhandels-Unternehmerinnen und -Unternehmer stellen, um den Zug der digitalen Transformation nicht zu verpassen. Heinemann (2016, S. 57) berichtet, dass sich für den Online-Handel rund 20 verschiedene Geschäftsmodelle darstellen lassen. Die Entscheidung darüber, welches Geschäftsmodell das Richtige für ein Unternehmen ist, hängt oftmals von der Branche und von vielen verschiedenen Faktoren ab und lässt sich nicht allgemein abhandeln (vgl. Schallmo et al., 2017, S. 1–17). Um sich ein umfassenderes Bild davon machen zu können, was mit einer digitalen Transformation beziehungsweise mit einem digitalen Geschäftsmodell gemeint sein könnte, werden nachfolgend zwei Beispiele aufgezeigt. Eines von Heinemann aus dem Buch „Jetzt digital transformieren“ aus dem Jahr 2016 und ein weiteres von Oswald und Krcmar aus dem Buch „Digitale Transformation“ aus dem Jahr 2018.
Beispiel I: Heinemann beschreibt in „Ausgewählte Beispiele im Kontext der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen“ das Unternehmen Hagleitner senseManagemnet, das sich als Produzent von Hygieneartikeln und mit dem Verkauf von Seifen- und Papierhandtücher-Spendern an Gesundheitseinrichtungen, der Lebensmittelindustrie sowie an Gastronomiebetrieben am österreichischen Markt etabliert hat. Aufgrund von höheren Hygieneanforderungen von Kundinnen und Kunden, sowie mangelnder Planung bei Lagerbeständen und Personalangelegenheiten, die hohe Kosten verursacht haben, hat sich das Unternehmen dazu entschlossen „ein neues System zu entwickeln: Hagleitner senseManagement“. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 10; Hagleitner, 2016b). Hagleitner hat sich zum Ziel gesetzt den Kundennutzen zu erhöhen, indem spezielle Sensoren in den Spendern verbaut werden, um dadurch eine permanente Übersicht über den aktuellen Spenderinhalt zu haben und damit den Lagerstand optimieren zu können. Daraus ergab sich eine Kosten- und Zeitersparnis und zusätzlich konnte die Kundenzufriedenheit erhöht werden. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 10-11)
Bestandteile der digitalen Transformation von Hagleitner:
· Zielsetzung – Kundennutzen erhöhen
· Einbau spezieller Sensoren
Ergebnis der digitalen Transformation:
· Kosten- und Zeitersparnis
· Kundenzufriedenheit erhöht
Beispiel II: Krcmar (2018, S. 4) führt vier charakteristische Eigenschaften zum Begriff digitale Transformation an: „Unausweichlichkeit, Unumkehrbarkeit, ungeheure Schnelligkeit und Unsicherheit in der Ausführung“ und betont die aktive Mitgestaltung eines Transformationsprozesses, anstatt sich der Veränderung zu verschließen. Als Beispiel für eine gelungene digitale Transformation aus dem Einzelhandel führen Oswald und Krcmar das britische Modelabel Burberry an. Burberry ist ein seit 1856 bestehendes Unternehmen, dass seine Bekanntheit in den 20er und 30er Jahren erlebte. Mittlerweile haben sich aber auch viele andere Unternehmen wie Zara, H&M und Topshop etabliert und konkurrenzieren mit viel günstigeren Preisen als Burberry. Während Zara, H&M und Topshop Wachstumsraten von 12-13 Prozent erreichten, blieb Burberry mit 1-2 Prozent weit hinter ihren Mitbewerbern zurück. Um wieder wettbewerbsfähig zu sein, startete Burberry ein „umfangreiches Transformationsprogramm“ deren Fokus auf „digitale Technologien“ gesetzt wurde, sowohl was die internen Geschäftsprozesse anlangt als auch die externen digitalen Kanäle, in die Burberry 60 Prozent seines Marketingbudgets eingesetzt hat, während der Branchendurchschnitt zu dieser Zeit bei 15-20 Prozent lag. Nach Umsetzung des Transformationsprozesses hat sich Burberry zu einem profitablen Unternehmen, mit einer 14-prozentigen Umsatzrendite entwickelt.
Die Zielgruppenfokussierung der digitalen Transformation wurde auf die Millennials in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram und YouTube gelegt, mit dem Ziel, dass Burberry sich von einer Marke hin zu einer sozialen Plattform mit einer Interaktionsmöglichkeit wandelt, wo die Zielgruppe aktiv mitwirkt, indem sie Bilder hochladen und ihre zu bestellenden Produkte selbst mitgestalten und in weiterer Folge gleich bestellen können. Die Vision von Burberry ist, die eines Omni-Channel-Retailers, wo On- und Offline-Kanäle miteinander verbunden werden. In den Einzelhandelsgeschäften wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit iPads ausgestattet, um Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu geben Live -Stream Modeschauen zu sehen und um auf das gesamte Produktangebot zugreifen beziehungsweise bestellen zu können. (Vgl. Oswald & Krcmar, 2018, S. 38)
Bestandteile der digitalen Transformation von Burberry:
· Zielsetzung – Einsatz von digitalen Technologien
· Zielgruppenfokus
· Soziale Medien
· Veränderung der externen und internen Geschäftsprozesse
Ergebnis der digitalen Transformation:
· Omni-Channel-Retailer
· Neue Verkaufsstrategie – von einer Marke hin zu einer sozialen Plattform
Wie aus beiden Beispielen zu erkennen ist, geht es bei der digitalen Transformation zuerst darum, den Schwachpunkt im eigenen Unternehmen wahrzunehmen. Bei Burberry war es offensichtlich, dass sich das Unternehmen an alten überholten Verkaufsstrategien orientiert hat und sich noch nicht an die heutigen digitalen Kundenbedürfnisse beziehungsweise Kundenerwartungen angepasst hat. Wie bereits zuvor von Heinemann, Wolters, Maier, Kirchgeorg und Rumscheidt beschrieben, bestätigen die angeführten Beispiele einer digitalen Transformation, dass es wesentlich ist, dass ein Unternehmen, neben den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, einen permanent beobachtenden Blick auf digitale und technologische Entwicklungen legt, welche die Konsumentinnen und Konsumenten zur Kommunikation und zum Austausch von Daten beziehungsweise Informationen nutzen können. Aufbauend auf diesen Information können Unternehmen eine Transformationsstrategie entwickeln, um am Puls der „Handelszeit“ zu bleiben und um schnellstmöglich auf Veränderungen des Handelsmarktes und den Bedürfnissen von Konsumentinnen und Konsumenten reagieren zu können. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 21 – 22) Am Beispiel Hagleitner lag es an der mangelnden Planung von Lagerbeständen und an den zu hohen Personalkosten, die das Unternehmen in Schwierigkeiten brachte. Die Lösung wurde in der Entwicklung eines neuen Systems gefunden, indem Sensoren in ihren Produkten verbaut wurden, konnte in weiterer Folge eine Kosten- und Zeitersparnis und höhere Kundenzufriedenheit erreicht werden. Bei Burberry war es offenbar das Festhalten an alten Verkaufskonzepten, das den Wachstumsprozess stagnieren ließ. Erst durch den Entschluss sich neuer Technologien im Verkaufsprozess zu bedienen, gelang es Burberry den Wachstumsprozess laufend erfolgreich zu steigern.
Wie kann ein digitaler Transformations-Leitfaden aussehen? – Schallmo orientierte sich in seinen Ausführungen, bei seiner Roadmap zur digitalen Transformation, an drei Ansätzen: an Esser, an PricewaterhouseCoopers und am Ansatz von Bouée und Schaible. Alle drei Ansätze beinhalten vergleichbare Vorgehensweisen, Strategien und Inhalte und zielen im Wesentlichen darauf ab, auf Basis der Ausgangssituation des eigenen Unternehmens, sich an die, am Markt befindlichen Gegebenheiten bestmöglich anzupassen bzw. zu integrieren, um schlussendlich von der Wertschöpfungskette seiner jeweiligen Branche zu profitieren. Unter Zuhilfenahme von Kunden- und Mitbewerber-Analysen werden Strategien und Innovationen erarbeitet, die am Ende des Verwandlungs- oder Anpassungsprozesses in einer digitalen Transformation des Unternehmens als Gesamtheit beziehungsweise in einzelnen Geschäftsprozessen von Arbeitsabläufen oder Fertigungsprozessen, wie beispielsweise bei Hagleitner und Burberry angeführt, münden. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 15 – 19)
Die von Schallmo erstellte Roadmap besteht aus fünf Phasen:
· Der „Digitalen Realität“ in der die IST-Situation des Unternehmens analysiert wird.
· Der „Digitalen Ambition“ bei der auf Basis der digitalen Realität erfassten Daten, die Ziele von „Zeit, Finanzen, den Raum und die Qualität“ festgelegt und priorisiert werden.
· Im Bereich der „Digitalen Potentiale“ werden Enabler evaluiert und anhand von bestehenden, bewährten Systemen sowie Geschäftsprozessen (best practices), digitale Transformationsmodelle erarbeitet.
· Unter der Phase „Digitale Fit“ werden digitale Geschäftmodelloptionen evaluiert und es wird überprüft, ob die Zielerreichung von Kundenanforderungen im bestehenden digitalen Geschäftsmodells umgesetzt werden kann.
· In der digitalen Implementierungsphase (Digitale Implementierung) geht es um die sinnvolle und strategische Zusammenführung aller erhobenen Daten aus allen Phasen zu einem digitalen Geschäftsmodell. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 21 – 22)
Digitale Transformation, Einzelhandel, Geschäftsmodell, Kunden Orientiertheit, Online-Handel, Online-Shop
Heinemann und Gaiser beschrieben 2015, dass die Kundinnen und Kunden die treibende Kraft in der Entwicklung und Veränderung von Unternehmen darstellen und dass die Digitalisierung kein Trend des Handels ist, sondern ein „zentraler Veränderungstreiber“. Die Nutzung neuer Technologien von Seiten der Kundinnen und Kunden, stellen die Anbieter vor Herausforderungen einer neuen Kundinnen- und Kunden-Orientiertheit, die es bisher nicht gab. Die Frage, die sich daraus ergibt, ist: Welche Kundenerwartungen bzw. welche Kundenanforderungen gibt es im digitalen Handel? (Vgl. Lubis, 2018, S. 1–13) Unter „Neue Kundenerwartungen im Digital Commerce“ verweist Heinemann auf fünf Kundenanforderungen, die es zu beachten gilt, wenn es um die digitale Kundenanpassung geht.
· Der maximale Angebotsumfang beschreibt eine von fünf Kundenerwartungen und zählt den Angebotsumfang auf, dass möglichst alle Produkte im Internet gefunden werden und eine schnelle Verfügbarkeit des Produktes gewährleistet wird.
· Eine weitere Erwartung der Kundinnen und Kunden ist, dass die Einkaufsmöglichkeit direkt und unmittelbar erfolgen soll.
· Die Zeit spielt eine wesentliche Rolle für Konsumentinnen und Konsumenten, daher wird gerne im stationären Handel eingekauft, weil man die Ware meist gleich mitnehmen kann. Der Same Day Delivery (SDD) wurde im digitalen Handel bereits 2015 als Standard gesetzt, allen voran Ebay und Amazon als Marktführer und Treiber dieser Servicedienstleistung. Dazu zählt wunschtermingenaue Zustellung und die Auswahl von alternativen Zustellorten.
· Unter dem Begriff Multi-Screening verbirgt sich die jederzeitige Preis- und Produkt-Vergleichsmöglichkeit. Bereits 2014 nutzten rund 63 Prozent der mobilen Internet-nutzer die Möglichkeit des Preisvergleiches.
· Durch die mobile Nutzungsmöglichkeiten sind die Anforderungen der Kundinnen und Kunden in dem Maße gestiegen, dass eine permanente Verfügbarkeit an Informationen über Smartphones erwartet wird. Die Interaktionsmöglichkeiten die durch die digitalen Anwendungen, wie z.B.: diverse Apps, technische Tools oder durch die Sozialen Medien auch am Point of Sale (POS) heutzutage geboten werden, schaffen ein völlig neues Einkaufserlebnis für Kundinnen und Kunden und große Anpassungsherausforderungen für die Anbieter.
(Vgl. Heinemann 2016, S. 7—10)
Die englischen Warenhausbetreiber führt Heinemann (2016, S. 10) als Beweis für neue Kundinnen- und Kunden-Orientiertheit an, wo veraltete Strukturen zu neuem Leben erweckt wurden. Als Beispiele wurden die Traditionshäuser, Debenhams und John Lewis angeführt, deutsche Händler konnte er nicht nennen und kam zu dem Schluss, dass es am Festklammern von alten Strukturen, sowie am mangelnden Verständnis für moderne Kundinnen und Kunden und deren Nutzungsmöglichkeiten des Internets, liegt. Wolters geht davon aus, dass sich der stationäre Handel noch nicht damit zurechtgefunden hat, dass vor allem junge kaufkraftstarke Konsumentinnen und Konsumenten in den Online-Handel abwandern und damit die stationären Händlerinnen und Händler gewaltig unter Druck setzen. Hinzu kommt, dass diese Konsumentinnen und Konsumenten in „digitale Ökosysteme“ abwandern, wie Amazon oder Alibaba, wodurch es kleineren Online-ShopBetreiberinnen und -Betreibern schwer gemacht wird, „gute Online-Kompetenz“ aufzubauen und digitale Kundinnen und Kunden auf den eigenen Online-Shop zu leiten.
Das Bewusstsein der digitalen Disruption ist bereits im Handel angekommen und wirbelt die alten Überlegungen und Denkstrukturen beim Aufbau eines Online-Handelsgeschäftes kräftig durcheinander, als Beispiel nennt Wolters „Karstadt und Kaufhof“, demnach steht ihnen die eigene „ruhmreiche Vergangenheit“ und ihre „Warenhausdenke“ bei der digitalen Transformation im Weg. Als verantwortliche Faktoren sieht Wolters, mangelnde Vorstellungskraft, fehlende Erfahrung mit digitalen Ökosystemen und das nicht vorhanden sein an Verständnis, von über 45-jährigen Führungskräften. (Vgl. Wolters, 2016, S. 44) Ähnlich Gründe führt Heinemann an (2016, S. 10), die er im Festklammern von alten Strukturen und am mangelnden Verständnis sieht, warum viele Unternehmen eines stationären Handelsbetriebes die digitale Transformation noch nicht Kundinnen und Kunden orientiert umgesetzt haben. Oswald und Krcmar (2018, S. 2) sehen die Problembereiche bei der digitalen Transformation in der „Konzeption von Digitalisierungsstrategien“ und ebenfalls bei der Beharrlichkeit von traditionellen Unternehmen.
Ebenso beschreibt Rumscheidt (2016, S. 52 – 53) unter dem Kapitel „Herausforderungen für den Einzelhandel“, dass sich die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler auf das Konsumverhalten einzustellen haben, weil die reinen Online-Händlerinnen und -Händler stetig ihr Leistungsangebot verbessern. Aber nicht nur die mangelnde Bereitschaft sich auf den Online-Handel und dem damit einhergehenden Konsumverhalten einzulassen, sondern vor allem Zeit, Kosten und „fehlendes personelles Know-how“ wie es Rumscheidt (2016, S. 54) anführt, sind große Hindernisse, um einen Online-Shop zu erstellen. Der Online-Handel hat die Strukturen des stationären Einzelhandelsvertriebes wahrscheinlich stärker beeinflusst als der seinerzeitige „Übergang vom Tante-Emma-Laden zum Supermarkt“ wie es Rumscheidt ausführt. Der Wandel ist nicht aufzuhalten und um nicht überrollt zu werden müssen sich Einzelhändlerinnen und Einzelhändler schnellstmöglich an die Gegebenheiten und Möglichkeiten des Online-Handelsmarktes und der Kundenbedürfnisse anpassen. Cross-Channel-Vertrieb wird in diesem Zusammenhang als zukunftsweisend wahrgenommen, wo es um die Kombinierbarkeit von off- und online-Vertriebswegen geht. Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, die einen Cross-Channel-Vertrieb betreiben sind gegenüber den Online-Shop-Betreiberinnen und -Betreibern dem Thema Online-Handel nicht nur positiver eingestellt, sondern erzielen auch einen höheren Umsatz durch den Online-Handel. (Vgl. Rumscheidt, 2016, S. 57)
Maier und Kirchgeorg berichten in ihrer 2016 durchgeführten Studie, im Kapitel „Offlinehandel – Anpassung oder Untergang“ davon, dass es bereits eine Vielzahl an Untersuchungen zu den Motiven von Konsumentinnen und Konsumenten gibt, warum sie sich für ein Onlinehandelsangebot entscheiden. Dabei trat zutage, dass der Preis mit 56 Prozent, die ständige Verfügbarkeit von Angeboten mit 58 Prozent und das Zustellangebot, die Produkte nachhause geliefert zu bekommen, mit 47 Prozent als wesentliche Gründe angeführt wurden, warum sich Konsumentinnen und Konsumenten für ein Online-Handelsangebot entscheiden. Darüber hinaus wurden die 24 Stunden und sieben Tage Erreichbarkeit des Online-Shops mit 39 Prozent, sowie die Vergleichsbarkeitsmöglichkeiten mit 37 Prozent, die Produktinformationen mit 15 Prozent und die flexible Bezahlung mit 14 Prozent als weitere Gründe genannt. Wie bereits von Heinemann und Wolters beschrieben, sehen auch Maier und Kirchgeorg ähnliche Probleme bei den traditionellen Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, inwieweit diese bereit sind auf die Kundenbedürfnisse einzugehen, beziehungsweise deren Wünsche zu befriedigen. (Vgl. Meier & Kirchgeorg, 2016, S. 4 – 6)
Den Motiven, warum Konsumentinnen und Konsumenten sich eher für Onlinehandelsangebote entscheiden, stehen die Motive, warum Konsumentinnen und Konsumenten im stationären Handel einkaufen, gegenüber. Demnach erforschten Maier und Kirchgeorg, dass es den Konsumentinnen und Konsumenten, die eher im stationären Handel einkaufen, hauptsächlich darum geht, die Ware testen zu können, wie 84 Prozent der Befragten anführten. Darüber hinaus spielt mit 73 Prozent die Verfügbarkeit und mit 63 Prozent die Beratung im Geschäft eine große Rolle. Das Kauferlebnis, spielt für Konsumentinnen und Konsumenten im stationären Handel mit 31 Prozent auch noch eine große Bedeutung. Interessant zu beobachten ist, dass sich bei der Motiv-Betrachtung von Online-Handels-Konsumentinnen und -Konsumenten im Vergleich zu Konsumentinnen und Konsumenten im stationären Handel, sich ergänzende Motivationen betrachten lassen. Als Beispiel kann hier angeführt werden, dass der Preis und das Angebot von Online-Handels-Konsumentinnen und Konsumenten als wichtigstes Kriterium erachtet wird und die Produktinformation eher eine untergeordnete Rolle spielt, was wiederum bei Konsumentinnen und Konsumenten, die im stationären Handel einkaufen genau umgekehrt ist, wo der Preis und das Angebot keine so bedeutende Rolle spielt, jedoch die Information über das Produkt einen viel größeren Beweggrund darstellt. (Vgl. Meier & Kirchgeorg, 2016, S. 7)
Wie weitere Untersuchungen von Maier und Kirchgeorg zeigen, informieren sich viele Konsumentinnen und Konsumenten vor Kauf eines Produktes im Internet und kaufen danach im stationären Handel ein. Der Online-Shop ist aus ihrer Sicht zu wenig, es müsste eine Kombination aus beiden Welten sein, aus On- und Offline-Shop, um den Kundenbedürfnissen bestmöglich entgegenzukommen beziehungsweise entsprechen zu können. Auch Rumscheidt (2016, S. 52), sieht die Kombinationsmöglichkeit aus realer (stationärer Handel) und digitaler (Online-Handel) Welt sehr ähnlich, indem sie den Cross-Channel-Vertrieb als Lösungsansatz aufzeigt, um Kundenbedürfnisse zu befriedigen und darüber hinaus eine „Chance für den stationären Einzelhandel“ wahrnimmt. Dem „International Journal of Electronic Commerce“ ist ein interessanter Artikel von Weber & Maier (2020, S. 78–106) zu entnehmen, demnach spielt das Service-Lieferangebot beim Einkauf eine wichtige Rolle. In Ihrer Studie haben Weber & Maier festgestellt, dass es von Vorteil ist, wenn im stationären Geschäft elektronische Such- und Eingabegeräte (Tablets) zur Verfügung stehen, sodass Konsumentinnen und Konsumenten auch im stationären Einzelhandelsgeschäft nach Produkten im Online-Shop suchen, diese bestellen und sich gleich nach Hause liefern lassen können. Ähnlich ist es mit Bestellungen, die von zuhause aus über den Online-Shop getätigt werden, wo sich die Konsumentinnen und Konsumenten ihre bestellten Produkte zur Abholung ins stationären Geschäft liefern lassen können. Als Beispiele werden für diesen „click and collect“ Service H&M, Zara und Nordstrom angeführt, aber auch viele andere Händlerinnen und Händler aus den unterschiedlichsten Branchen nutzen bereits diesen kundenorientierten Service.
Zusammenfassung – Zukunft des Einzelhandels
Sowohl Heinemann wie auch Rumscheidt und Meier & Kirchgeorg kommen zu ähnlichen Ergebnissen, was die Erwartungshaltung von Kundinnen und Kunden einerseits und die zurückhaltende Bereitschaft diese von Seiten der über 45-jährigen Manager umzusetzen anbelangt. Die Smartphone Nutzung durch Konsumentinnen und Konsumenten geben den Weg vor, wie und wo die Zukunft des Handels stattzufinden hat. Die Verknüpfung von stationärem und Online-Handel stellen neue Möglichkeiten und Chancen für Einzelhändlerinnen und Einzelhändler dar. Die nachfolgende Auflistung verschafft einen schnellen Überblick über die wichtigsten Inhalte des Kapitels „Zukunft des Einzelhandels“.
· Möglichst alle Produkte zu finden / maximaler Angebotsumfang.
· Kundinnen und Kunden wünschen sich direkte und unmittelbare Einkaufsmöglichkeit.
· Der Zeitpunkt ist für Kundinnen und Kunden wichtig, sie möchten die Ware gleich geliefert bekommen.
· Seit 2014 werden die Preise im Internet von 63% der Konsumentinnen und Konsumenten verglichen.
· Eine permanente Verfügbarkeit von Produktinformationen wird erwartet, über mobile Apps und Smartphones.
· Das Einkaufserlebnis spielt für die Konsumentinnen und Konsumenten eine immer größere Rolle.
· Hintergrundmusik beeinflusst das Kaufverhalten.
· Digitale Ökosysteme wie Amazon, Alibaba und viele mehr, stellen große Herausforderungen für kleine Einzelhandelsunternehmen dar.
· Die Zukunft wird im Cross-Channel-Vertrieb gesehen.
· Digitalisierung schreitet voran, 81% der Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sehen das als Bedrohung.
· Stetig steigende Zahl an Online-Shops.
· Die Zunahme des Online-Handels wird durch das Kundenverhalten, Stichwort Smartphone Nutzung geprägt.
· Digitalisierung als Wachstumshebel in Krisenzeiten.
· Heinemanns je 5 digitale Trends im Online-Handel, im Multi Channeling und in der Digitalisierung
· 32% der Österreicherinnen und Österreicher kauften 2020 über ein Smartphone ein.
· In Österreich gibt es pro 100 Einwohner 120 Mobilfunkanschlüsse.
· Die Hauptkategorien beim Einkauf waren 2020 Bekleidung und Schuhe, Haushaltswaren, Elektronik.
· 2016 überstiegen die Smartphone-Nutzerinnen und -Nutzer mit 51% jene, die ein Desktop Gerät nutzen.
· Bestellungen werden am Smartphone begonnen, aber erst am Desktop Gerät abgeschlossen.
Literaturverzeichnis
Digitale Transformation, Geschäftsmodell, Mobile Commerce, Online-Handel
Wie Heinemann & Gaiser (2016, S. 135) im Kapitel 4.1 „Entwicklung und Zukunftsaussichten des Mobile Commerce“ beschreiben, weckt die mobile Internetnutzung neue Erwartungen von Kundinnen und Kunden, die jedenfalls vom bestehenden Einzelhandel erfüllt werden, sollte. Um das Jahr 2010 entwickelte sich die „Mobile-Phase“ und ebnete damit den Smartphone Benutzerinnen und Benutzern die Welt der Online-Shops, durchlaufende Verbesserungen und Entwicklungen im Mobile und Responsive Design wurden Online-Shops immer attraktiver und schneller (vgl. Heinemann, 2016, S. 33–34). Der Online-Einkauf über ein Smartphone in Österreich stieg 2013 von 9 Prozent bis zum Jahr 2020 auf 32 Prozent an, sowohl weibliche wie auch männliche Personen kauften 2020 online Einzelhandelswaren gleichermaßen oft ein. Bei der Altersverteilung ist beim Online-Einkauf via Smartphones in allen Altersgruppen, im Beobachtungszeitraum von 2017 bis 2020, ein starker Anstieg zu erkennen. Wobei die Altersgruppe der 15–29-Jährigen mit 67 Prozent am häufigsten Einzelhandelswaren im Internet eingekauft haben, gefolgt von den 30–39-Jährigen mit 41 Prozent. Die Altersgruppe der 40–49-Jährigen verzeichnet einen Wert von 30 Prozent, die 50–59-Jährigen kommen auf 23 Prozent und die über 60-Jährigen kommen immerhin noch auf gut 9 Prozent an Online-Einkäufen von Waren aus dem Einzelhandel.
Bemerkenswert ist, dass sich die Ausgaben beim Einkauf via Smartphone von 200 Mio. Euro im Jahr 2013 auf über 1.2 Mrd. im Jahr 2020 gesteigert haben. Wie in der Studie des Mobile Communications Report 2020 angeführt, erlebte das Online-Shopping via Handy einen neuen Höhepunkt, wie auch die Zahlen der Smartphone Nutzerinnen und Nutzer, die das Internet verwenden, im Alter der 15–69-Jährigen mit gut 98 Prozent eindrucksvoll demonstrieren. Die Tatsache, dass im Jahr 2019 in Österreich 10,73 Mio. aktive SIM-Karten ausgewiesen wurden und es somit 120 Mobilfunkanschlüsse pro 100 Einwohner gibt, zeugt von der Wichtigkeit, die Smartphones in unserem täglichen Leben spielen. Daran kann man erkennen, dass 66,9 Prozent der Handy Nutzerinnen zumindest ein Produkt gekauft oder eine Buchung im Jahr 2020 durchgeführt haben, was eine Steigerung von 4 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 mit 62,9 Prozent bedeutet. In der Altersgruppe der 15–29-Jährigen lag der Anteil an Online-Einkäufen bei 74,4 Prozent. Die Hauptkategorien beim Online-Einkauf dieser Altersgruppe waren mit 52 Prozent Bekleidung und Schuhe, gefolgt von Haushaltswaren mit 36 Prozent und Elektronik mit 34 Prozent. (Vgl. Mobile Communications Report 2020, 2021)
Ahrnoldt et al. berichtet, dass im Jahr 2016 die Nutzer von Mobiltelefonen mit 51,3 Prozent die Nutzer von Desktop Geräten überstiegen hat, ebenso stiegen auch die Interaktionen in Online-Shops via Mobiltelefon. Jedoch wurde festgestellt, dass sehr viele Bestellvorgänge über Mobiletelefone angefangen aber in weiterer Folge vielfach über das stationäre Gerät abgeschlossen wurden, wie de Haan et al. (2018) im Journal of Marketing berichtet. Auch die damit einhergehende Konversationsrate ist wesentlich höher, wenn der Bestellvorgang am Mobiltelefon begonnen und später an einem stationären Gerät beendet wurde. Der Zusammenhang liegt in der Risikowahrnehmung und Höhe des Preises, der sich vor allem bei unerfahrenen Konsumentinnen und Konsumenten auswirkte (vgl. de Haan et al., 2018, S. 1–19). Die Tatsache, dass der Bestellvorgang später auf einem stationären Gerät abgeschlossen wird, ist ein wichtiger Hinweis für bestehende und zukünftige Online-Shop Betreiberinnen und Betreiber, um den Bestellprozess zu optimieren beziehungsweise so anzupassen, dass die Konsumentinnen und Konsumenten die Bestellung sofort vornehmen. Wie de Haan et al. ausführt liegt es vor allem an unerfahrenen Konsumentinnen und Konsumenten und daher könnte ein Lösungsansatz sein, dass durch vertrauensbildende Maßnahmen die Bestellvorgänge unmittelbar erfolgen. Entsprechende Siegel wie zum Beispiel „Trusted Shop“ oder der Hinweis auf „Geld zurück Garantie“, die während dem Bestellprozess angezeigt werden, könnten möglicherweise die Bestellvorgänge sofort zum Abschluss bringen.
Literaturverzeichnis