Digitale Transformation, Einzelhandel, Geschäftsmodell
„Die Kundenzentriertheit muss Basis für das Geschäftsmodell eines jeden Online-Händlers sein“ (vgl. Heinemann, 2016, S. 33).
Stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler stehen vor der Wahl, entweder passen sie sich, an die sich verändernden Lebens-Rahmenbedingungen des Handels an, was Kundenerwartungen als auch die digitalen Handelsmöglichkeiten anlangt, oder sie werden vermutlich bankrottgehen. Denn 61,1 Prozent damit sind 5,4 Millionen Menschen in Österreich im Alter von 13 – 65+ Jahren gemeint, haben sich im März 2021 auf Facebook aufgehalten und sich mit Freunden ausgetauscht und vieles mehr (vgl. NapoleonCat, 2021). Die Lebensumwelt von Konsumentinnen und Konsumenten hat sich verändert und verändert sich stetig weiter, umso wichtiger ist es für stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler den Blick auf die laufende Veränderung des Lebensumfeldes von Konsumentinnen und Konsumenten und des Handelsumfeldes nicht zu verlieren. Daher ist es wesentlich für den Fortbestand von stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, sich mit einer möglichen digitalen Transformation ihres Handelsgeschäftes auseinanderzusetzen. Nach Aussage von Schallmo gibt es für den Begriff digitale Transformation noch keine allgemein gültige Definition, zudem werden die Begriffe „Digitalisierung und Digitale Zeitalter oftmals synonym verwendet“ wie Schallmo (2016, S. 3; BDI und Roland Berger 2015, S. 4) ausführt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Deutschland erläutert den Begriff Digitalisierung mit „umfassender Vernetzung aller Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft“ um deren Informationsgehalt praktisch zur Umsetzung zu bringen (vgl. BMWi, 2015, S. 3). Pousttchi bezeichnet die digitale Transformation durch den Einsatz von „digitalen Technologien und Techniken“ als eine Veränderung die sowohl das gesellschaftliche Alltagsleben als auch die Wirtschaft betreffen kann (vgl. Pousttchi, 2020). In jedem Fall bedeutet digitale Transformation Veränderung. Wie und in welcher Form diese Veränderung stattfinden kann, hängt einerseits von den Zielen der Einzelhandels-Unternehmerinnen und -Unternehmer ab und andererseits vom Verhalten, sowie den Wünschen und Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten. Um eine digitale Transformation vollziehen zu können, bedarf es mehrerer entscheidender Fähigkeiten, zum einen die Gewinnung und Analyse von Daten und zum anderen diese Informationen entsprechend anwenden zu können, um aufbauend darauf Entscheidungen treffen zu können (vgl. Schallmo, 2016, S. 5). Schallmo (2016, S. 6) beschreibt ein Geschäftsmodell als die „Grundlogik eines Unternehmens“, wo es um den beidseitigen Nutzen von Kundinnen und Kunden und Unternehmen geht und den daraus zu entwickelnden Wettbewerbsvorteil. Nach der Theorie von Schallmo, beinhaltet ein Geschäftsmodell mehrere „Dimensionen und Elemente“ – diese sind:
· „Die Kundendimension beinhaltet die Kundensegmente, die Kundenkanäle und die Kundenbeziehungen.
· Die Nutzendimension beinhaltet die Leistungen und den Nutzen.
· Die Wertschöpfungsdimension beinhaltet die Ressourcen, die Fähigkeiten und die Prozesse.
· Die Partnerdimension beinhaltet die Partner, die Partnerkanäle und die Partnerbeziehungen.
· Die Finanzdimension beinhaltet die Umsätze und die Kosten.“
Ziel ist es laut Schallmo alle oben angeführten „Geschäftsmodell-Elemente“ so miteinander zu vereinen, dass es für Mitbewerberinnen und Mitbewerbern nur schwer möglich ist, das Geschäftsmodell zu kopieren. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 6) In einer zweiten, erweiterten Definition von „digitaler Transformation von Geschäftsmodellen“ beschreibt Schallmo die Zusammenhänge aller von einem Geschäftsmodell betroffenen Elemente, Technologien und Fähigkeiten und deren gemeinsames Zusammenspiel, um ein bestmögliches Geschäftsmodellergebnis zu erwirken, welches mit der Zielsetzung für: „Zeit, Finanzen, Raum und Qualität“ zur Umsetzung gelangen soll (vgl. Schallmo, 2016, S. 7). Welches Geschäftsmodell ist das Passende? – Könnte eine der Fragen sein, die sich stationäre Einzelhandels-Unternehmerinnen und -Unternehmer stellen, um den Zug der digitalen Transformation nicht zu verpassen. Heinemann (2016, S. 57) berichtet, dass sich für den Online-Handel rund 20 verschiedene Geschäftsmodelle darstellen lassen. Die Entscheidung darüber, welches Geschäftsmodell das Richtige für ein Unternehmen ist, hängt oftmals von der Branche und von vielen verschiedenen Faktoren ab und lässt sich nicht allgemein abhandeln (vgl. Schallmo et al., 2017, S. 1–17). Um sich ein umfassenderes Bild davon machen zu können, was mit einer digitalen Transformation beziehungsweise mit einem digitalen Geschäftsmodell gemeint sein könnte, werden nachfolgend zwei Beispiele aufgezeigt. Eines von Heinemann aus dem Buch „Jetzt digital transformieren“ aus dem Jahr 2016 und ein weiteres von Oswald und Krcmar aus dem Buch „Digitale Transformation“ aus dem Jahr 2018.
Beispiel I: Heinemann beschreibt in „Ausgewählte Beispiele im Kontext der Digitalen Transformation von Geschäftsmodellen“ das Unternehmen Hagleitner senseManagemnet, das sich als Produzent von Hygieneartikeln und mit dem Verkauf von Seifen- und Papierhandtücher-Spendern an Gesundheitseinrichtungen, der Lebensmittelindustrie sowie an Gastronomiebetrieben am österreichischen Markt etabliert hat. Aufgrund von höheren Hygieneanforderungen von Kundinnen und Kunden, sowie mangelnder Planung bei Lagerbeständen und Personalangelegenheiten, die hohe Kosten verursacht haben, hat sich das Unternehmen dazu entschlossen „ein neues System zu entwickeln: Hagleitner senseManagement“. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 10; Hagleitner, 2016b). Hagleitner hat sich zum Ziel gesetzt den Kundennutzen zu erhöhen, indem spezielle Sensoren in den Spendern verbaut werden, um dadurch eine permanente Übersicht über den aktuellen Spenderinhalt zu haben und damit den Lagerstand optimieren zu können. Daraus ergab sich eine Kosten- und Zeitersparnis und zusätzlich konnte die Kundenzufriedenheit erhöht werden. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 10-11)
Bestandteile der digitalen Transformation von Hagleitner:
· Zielsetzung – Kundennutzen erhöhen
· Einbau spezieller Sensoren
Ergebnis der digitalen Transformation:
· Kosten- und Zeitersparnis
· Kundenzufriedenheit erhöht
Beispiel II: Krcmar (2018, S. 4) führt vier charakteristische Eigenschaften zum Begriff digitale Transformation an: „Unausweichlichkeit, Unumkehrbarkeit, ungeheure Schnelligkeit und Unsicherheit in der Ausführung“ und betont die aktive Mitgestaltung eines Transformationsprozesses, anstatt sich der Veränderung zu verschließen. Als Beispiel für eine gelungene digitale Transformation aus dem Einzelhandel führen Oswald und Krcmar das britische Modelabel Burberry an. Burberry ist ein seit 1856 bestehendes Unternehmen, dass seine Bekanntheit in den 20er und 30er Jahren erlebte. Mittlerweile haben sich aber auch viele andere Unternehmen wie Zara, H&M und Topshop etabliert und konkurrenzieren mit viel günstigeren Preisen als Burberry. Während Zara, H&M und Topshop Wachstumsraten von 12-13 Prozent erreichten, blieb Burberry mit 1-2 Prozent weit hinter ihren Mitbewerbern zurück. Um wieder wettbewerbsfähig zu sein, startete Burberry ein „umfangreiches Transformationsprogramm“ deren Fokus auf „digitale Technologien“ gesetzt wurde, sowohl was die internen Geschäftsprozesse anlangt als auch die externen digitalen Kanäle, in die Burberry 60 Prozent seines Marketingbudgets eingesetzt hat, während der Branchendurchschnitt zu dieser Zeit bei 15-20 Prozent lag. Nach Umsetzung des Transformationsprozesses hat sich Burberry zu einem profitablen Unternehmen, mit einer 14-prozentigen Umsatzrendite entwickelt.
Die Zielgruppenfokussierung der digitalen Transformation wurde auf die Millennials in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter, Instagram und YouTube gelegt, mit dem Ziel, dass Burberry sich von einer Marke hin zu einer sozialen Plattform mit einer Interaktionsmöglichkeit wandelt, wo die Zielgruppe aktiv mitwirkt, indem sie Bilder hochladen und ihre zu bestellenden Produkte selbst mitgestalten und in weiterer Folge gleich bestellen können. Die Vision von Burberry ist, die eines Omni-Channel-Retailers, wo On- und Offline-Kanäle miteinander verbunden werden. In den Einzelhandelsgeschäften wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit iPads ausgestattet, um Kundinnen und Kunden die Möglichkeit zu geben Live -Stream Modeschauen zu sehen und um auf das gesamte Produktangebot zugreifen beziehungsweise bestellen zu können. (Vgl. Oswald & Krcmar, 2018, S. 38)
Bestandteile der digitalen Transformation von Burberry:
· Zielsetzung – Einsatz von digitalen Technologien
· Zielgruppenfokus
· Soziale Medien
· Veränderung der externen und internen Geschäftsprozesse
Ergebnis der digitalen Transformation:
· Omni-Channel-Retailer
· Neue Verkaufsstrategie – von einer Marke hin zu einer sozialen Plattform
Wie aus beiden Beispielen zu erkennen ist, geht es bei der digitalen Transformation zuerst darum, den Schwachpunkt im eigenen Unternehmen wahrzunehmen. Bei Burberry war es offensichtlich, dass sich das Unternehmen an alten überholten Verkaufsstrategien orientiert hat und sich noch nicht an die heutigen digitalen Kundenbedürfnisse beziehungsweise Kundenerwartungen angepasst hat. Wie bereits zuvor von Heinemann, Wolters, Maier, Kirchgeorg und Rumscheidt beschrieben, bestätigen die angeführten Beispiele einer digitalen Transformation, dass es wesentlich ist, dass ein Unternehmen, neben den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, einen permanent beobachtenden Blick auf digitale und technologische Entwicklungen legt, welche die Konsumentinnen und Konsumenten zur Kommunikation und zum Austausch von Daten beziehungsweise Informationen nutzen können. Aufbauend auf diesen Information können Unternehmen eine Transformationsstrategie entwickeln, um am Puls der „Handelszeit“ zu bleiben und um schnellstmöglich auf Veränderungen des Handelsmarktes und den Bedürfnissen von Konsumentinnen und Konsumenten reagieren zu können. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 21 – 22) Am Beispiel Hagleitner lag es an der mangelnden Planung von Lagerbeständen und an den zu hohen Personalkosten, die das Unternehmen in Schwierigkeiten brachte. Die Lösung wurde in der Entwicklung eines neuen Systems gefunden, indem Sensoren in ihren Produkten verbaut wurden, konnte in weiterer Folge eine Kosten- und Zeitersparnis und höhere Kundenzufriedenheit erreicht werden. Bei Burberry war es offenbar das Festhalten an alten Verkaufskonzepten, das den Wachstumsprozess stagnieren ließ. Erst durch den Entschluss sich neuer Technologien im Verkaufsprozess zu bedienen, gelang es Burberry den Wachstumsprozess laufend erfolgreich zu steigern.
Wie kann ein digitaler Transformations-Leitfaden aussehen? – Schallmo orientierte sich in seinen Ausführungen, bei seiner Roadmap zur digitalen Transformation, an drei Ansätzen: an Esser, an PricewaterhouseCoopers und am Ansatz von Bouée und Schaible. Alle drei Ansätze beinhalten vergleichbare Vorgehensweisen, Strategien und Inhalte und zielen im Wesentlichen darauf ab, auf Basis der Ausgangssituation des eigenen Unternehmens, sich an die, am Markt befindlichen Gegebenheiten bestmöglich anzupassen bzw. zu integrieren, um schlussendlich von der Wertschöpfungskette seiner jeweiligen Branche zu profitieren. Unter Zuhilfenahme von Kunden- und Mitbewerber-Analysen werden Strategien und Innovationen erarbeitet, die am Ende des Verwandlungs- oder Anpassungsprozesses in einer digitalen Transformation des Unternehmens als Gesamtheit beziehungsweise in einzelnen Geschäftsprozessen von Arbeitsabläufen oder Fertigungsprozessen, wie beispielsweise bei Hagleitner und Burberry angeführt, münden. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 15 – 19)
Die von Schallmo erstellte Roadmap besteht aus fünf Phasen:
· Der „Digitalen Realität“ in der die IST-Situation des Unternehmens analysiert wird.
· Der „Digitalen Ambition“ bei der auf Basis der digitalen Realität erfassten Daten, die Ziele von „Zeit, Finanzen, den Raum und die Qualität“ festgelegt und priorisiert werden.
· Im Bereich der „Digitalen Potentiale“ werden Enabler evaluiert und anhand von bestehenden, bewährten Systemen sowie Geschäftsprozessen (best practices), digitale Transformationsmodelle erarbeitet.
· Unter der Phase „Digitale Fit“ werden digitale Geschäftmodelloptionen evaluiert und es wird überprüft, ob die Zielerreichung von Kundenanforderungen im bestehenden digitalen Geschäftsmodells umgesetzt werden kann.
· In der digitalen Implementierungsphase (Digitale Implementierung) geht es um die sinnvolle und strategische Zusammenführung aller erhobenen Daten aus allen Phasen zu einem digitalen Geschäftsmodell. (Vgl. Schallmo, 2016, S. 21 – 22)
Digitale Transformation, Einzelhandel, Online-Handel, Online-Shop
Digitale Transformation passiert mit uns und ohne uns und bringt zum Ausdruck, dass es sich dabei um einen Veränderungsprozess handelt und nicht um einen statischen Zustand (vgl. Brucker-Kley et al., 2018, S. 31). Welche Chancen bieten sich dadurch stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern, um zukunfts- und krisenfit ihr Einzelhandelsgeschäft zu positionieren? Und wie können stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler bei der digitalen Transformation ihres stationären Handelsgeschäftes vorgehen? Diese und viele andere Fragen im Zusammenhang mit der digitalen Transformation entstehen, wenn sich Einzelhändlerinnen und Einzelhändler an neue Marktsituationen anpassen müssen, um in einer digitalen Welt überleben zu können. Heinemann hat in seinem Buch „Der neue Online-Handel“ bereits 2009 begonnen die Chancen und Möglichkeiten des Online-Handels zu beschreiben, mittlerweile ist er 2016 bei der siebenten vollständig überarbeiteten Auflage angelangt, in der der Versuch unternommen wird „eine Brücke zwischen Theorie und Praxis zu bauen“ (vgl. Heinemann, 2016, S. V–VI).
Was sind die Grundlagen für einen erfolgreichen Online-Handels-Geschäftsaufbau? – Heinemann beschreibt (2016, S. 33–35) im Kapitel 2.1 „Grundlagen des Online-Handels“ sechs Phasen, die es seiner Meinung nach zu beachten gilt und die nachfolgend auszugsweise wiedergegeben werden.
· Die Start- beziehungsweise Anfangsphase, die er mit den Jahren 1993–1999 in Verbindung bringt und wo die heute noch 10 größten existierenden E-Commerce-Plattformen, wie beispielsweise Amazon, eBay, und viele mehr entstanden sind.
· Von 1999–2005 traten die ersten Vergleichsportale und Suchmaschinen, wie Expedia, Shopping.com, Yahoo, Google und Booking.com zu Tage.
· Ab 2005 bis heute findet die Phase der Optimierung und Skalierung von Webseiten und Online-Shops statt.
· Ab 2008 kam der Begriff Web 2.0 auf und beschreibt die Weiterentwicklung „von starren hin zu bewegten Webseiten“, darüber hinaus wurden in dieser Zeit auch Communities und Mitgliedschaften digital transformiert und so neue Geschäftsmodelle erschaffen.
· 2010 ist das Jahr, wo die Mobile Phase in Erscheinung trat und auch heute noch laufend weiterentwickelt wird. Vor allem die großen Player wie Amazon und eBay, die durch die stetige Weiterentwicklung von mobil optimierten Webseiten mittlerweile einen Standard im Online-Handel gesetzt haben.
· Ab 2013 beschreibt Heinemann die Phase des Omnichanneling, bei der es um die Nutzung von mobilem Internet, Smartphones und Social Media geht und die Verarbeitung der damit von den Konsumentinnen und Konsumenten hinterlassenen Daten.
Wie Heinemann beschreibt, unterliegt der Online-Handel seit 2005 einer ständigen und permanenten Wandlung, jene Online-Shops die sich nicht angepasst beziehungsweise gewandelt und somit nicht den neuen Erkenntnissen in der E-Commerce Welt gefolgt sind, haben keine Zukunftsaussichten (vgl. United Nations, 2019, S. 40–42). Oswald und Krcmar verweisen in ihrem Buch „Digitale Transformation“ darauf, dass die digitale Transformation unausweichlich, unumkehrbar ist und ungeheuer schnell voranschreitet (vgl. Oswald und Krcmar, 2018, S. 7–8). Ein ständiges sich anpassen und optimieren von Funktionalität und „Shop-Auftritt“ ist nach Meinung Heinemanns notwendig, um am Online-Handelsmarkt bestehen zu können. Die direkte Einbindung von Kundinnen und Kunden in einen interaktiven Verkaufsprozess, indem Kundinnen und Kunden Produkt-Rückmeldungen und -Empfehlungen öffentlich machen und dies in sozialen Netzwerken posten und darüber reden, zeugt vom „Online-Marketing der neuen Generation“. Wie sich der Online-Handel in den nächsten Jahren entwickeln wird, ist noch nicht eindeutig klar, da dieser aber „vorrangig technologiegetrieben“ sein wird, sollte man den Fokus auf die „technischen Grundlagen des Online-Handels“ legen. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 35)
Worauf gründet der Online-Handel seinen Erfolg? Es sind mitunter die Erfahrungen aus dem klassischen Distanzhandel, wo beispielsweise Produkt-Kataloge von Firmen, wie Quelle, Universal, Neckermann und anderen eine wichtige geografische Lücke von stationären Geschäften, die von Menschen, die im nahen Umfeld wohnen und jenen die hunderte oder tausende Kilometer weit entfernt sind, geschlossen haben. Bestellungen werden postalisch, telefonisch oder mittels elektronischem Bestellformular aufgegeben. Ein besonderes Merkmal des Distanzhandels ist die räumliche Trennung zwischen Verkäufer und Käufer, der durch verschiedenartigste Medien, wie Kataloge, Prospekte, Zeitungen, Internet, Online-Shops und Mobile Commerce überbrückt wird, um das Angebot der Verkäuferinnen und Verkäufer zu den Konsumentinnen und Konsumenten zu bringen. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 54–55)
Unterscheidbarkeit und klare Abgrenzung gegenüber seinen Mitbewerberinnen und Mitbewerbern sind weitere wichtigste Grundlagen für einen erfolgreichen Online-Handels- Geschäftsaufbau. Soll es ein oder mehrere USPs sein, um die Aufmerksamkeit von Kundinnen und Kunden zu erhalten? Ist es für Einzelhändlerinnen und Einzelhändler möglich, sich so schnell an neuen Kundenbedürfnissen zu orientieren beziehungsweise anzupassen? (Vgl. Heinemann, 2016, S. 56–58). Der einfach Online-Shop hat nach Heinemann (2016, S. 57) keine Zukunft, durchsetzen werden sich seiner Meinung nach nur mehr Online-Shops die mehrere „einzigartige Nutzerversprechen“ platzieren können, die von den Kundinnen und Kunden wahrgenommen werden. Inwieweit Einzelhändlerinnen und Einzelhändler mit bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, solch einzigartige Nutzerversprechen aus ihrem Unternehmen herauskristallisieren können und diese neben dem Angebot von Mitbewerbern und großen Internet-Handels-Plattformen so platzieren können, dass sie auch von potenziellen Konsumentinnen und Konsumenten wahrgenommenen werden, wird zu beobachten sein (vgl. Schwarzbauer et al., 2019. S. 3–4)
In der Studie von Little et al. (2020, S. 5) wird angeführt, dass bereits viele österreichische Unternehmen die Digitalisierung als Wachstumsfaktor erkannt und erfolgreich in Krisenzeiten ein- und umgesetzt haben. Denn eines ist klar, die finanziellen Mittel und personellen Ressourcen von stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern mit bis zu zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind begrenzt und können mit mittleren und großen Unternehmen nicht mithalten. Daher stellt sich die Frage, – was können stationäre Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in einer solchen Situation unternehmen, um doch noch ein erfolgreiches Online-Geschäft aufbauen zu können? Aber nicht nur die Herausforderung, die sich durch Mitbewerber ergeben, auch die betriebsinternen Herausforderungen, die sich dadurch ergeben, dass das klassische Geschäftskonzept des stationären Einzelhandels nicht eins zu eins auf einen Online-Shop übertragbar ist, stellt die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler vor eine Vielzahl neuer Aufgaben, die es mit den begrenzten Ressourcen zu bewältigen gilt. Einzelhändlerinnen und Einzelhändler, die sich nach dem altbewährtem Muster eines Produktverkäufers verhalten, gehen in die falsche Online-Handels Richtung, vielmehr sollten sie versuchen eine eigene Marke aufzubauen und sich dabei an den Big Playern der Branche orientieren. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 302)
Wie Heinemann beschreibt muss ein “völliges Umdenken im Bereich Retail Branding, Markenprofil und Werbung“ gegenüber dem stationären Handelsdenken stattfinden, um von Konsumentinnen und Konsumenten im Internet mit seinem Angebot wahrgenommen zu werden (vgl. Heinemann, 2016, S. 58). Es geht um „Aufmerksamkeit und Markenbekanntheit“, um sich von der großen Anzahl an Online-Shops im Internet abzuheben, da Konsumentinnen und Konsumenten im Zweifelsfall immer auf bekannte Marken zurückgreifen. Da stellt sich die Frage, – wie schafft man Aufmerksamkeit und Bekanntheit? Eine Antwort liefert Heinemann (2016, S. 58) mit der Aussage, „dass vor allem kundenorientierte Geschäftsprozesse und uneingeschränkte Kundenorientierung wesentliche Erfolgsvoraussetzung im Online-Handel sind“. Darüber hinaus sind Geschwindigkeit, Effizienz und Durchgängigkeit von Prozessabläufen, wie von der Bestellung bis zu Warenauslieferung wesentliche Erfolgsfaktoren im Online-Handel, den Konsumentinnen und Konsumenten als ein wichtiges Kaufkriterium wahrnehmen. Die großen Big Player, wie Amazon, Apple haben im Bereich der Kundenorientiertheit und der damit verbundenen Geschwindigkeit von Prozessabläufen den Standard gesetzt. Unter dem Begriff „Customer Value Delivery Chain“ listet Heinemann die „Vorgaben des Customer Service“ von Amazon wie folgt auf:
· Mit einem Klick zum Kaufakt
· Mit drei Klicks zum Ziel
· Durchlaufzeiten unter 24 Stunden oder E-Mail
· Telefonische Erreichbarkeit Innerhalb einer Minute
· Rückruf nach maximal einer Stunde
· Lieferung im maximal 48 Stunden
· Kompromisslose Kundenorientiertheit
Wie Einzelhändlerinnen und Einzelhändler solchen Ansprüchen, wie sie die großen erfolgreichen Online-Händler vormachen und umsetzen, gerecht werden können, müssen die stationären Einzelhändlerinnen und Einzelhändler für sich selbst herausfinden. Mit Neuorientierung und Neuausrichtung und mit dem Anspruch schneller, schlanker, schlagkräftiger zu werden und einer kompromisslosen Kundenorientiertheit kann es gelingen, um auf dem Online-Handels-Markt bestehen zu können. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 62–63)
Literaturverzeichnis
Digitale Transformation, Einzelhandel, Erfolgsfaktoren, Geschäftsmodell, Kunden Orientiertheit, Online-Handel, Online-Shop
Neben der zuvor angeführten Neuausrichtung stellen Online-Marketingüberlegungen einen wichtigen Erfolgsfaktor beim Betrieb eines Online-Handelsgeschäftes dar. Ohne dass die Zielgruppe von Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern über den Online-Shop Kenntnis haben, werden auch keine Verkäufe über einen Online-Shop erfolgen können. Mit dem Aufkommen von ersten Vergleichsportalen in den Jahren 1999 – 2005, die es mittlerweile für fast alle Branchen gibt, ist es für Einzelhändlerinnen und Einzelhändler nicht einfacher geworden, einen Online-Shop zu etablieren. Von den österreichischen Online-Shop-Einkäuferinnen und -Einkäufern informieren sich bereits 75 Prozent im Internet, bevor sie ihren Einkauf im Internet oder im stationären Handel tätigen (vgl. KMU Forschung Austria, 2018, S. 15). Denn die Vergleichssportale wie Expedia, Geizhals, Idealo und viele mehr durchforsten das Internet nach Angeboten, nach denen gesucht wird und listen die Ergebnisse übersichtlich in einer Tabelle auf, sodass Kundinnen und Kunden einen ersten, schnellen Informations- und Preisüberblick, von allen im Internet angebotenen Produkten erhalten. Was schlussendlich dazu führt, dass der Verkaufsprozess bereits über die Vergleichsportale kanalisiert wird und so Kaufkraft vom eigenen Online-Shop abzieht, wenn man sich nicht gerade auf einer der oberen Plätze der Vergleichsportalsuchmaschinen befindet.
Nicht zu vergessen sind die Big Player im Online-Handel, wie Amazon, Alibaba, eBay, Apple und viele mehr, die es Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern, die im Online-Shop Business Fuß fassen möchten, nicht einfach machen, sich mit einem eigenen Shop zu positionieren. (Vgl. Heinemann, 2016, S. 56) Außer Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern nutzen die Möglichkeit der großen Big Player und lassen ihre Produkte gegen eine Provision auf den großen Online-Handels-Plattformen von Amazon, Alibaba und anderen listen, um Zugang zu internationalen Käuferschichten zu erhalten. Allerdings müssen sich Einzelhändlerinnen und Einzelhändler einem großen Wettbewerb aussetzen, wenn sie nicht gerade ein Produkt haben, das nur sie selbst anbieten. Die Entscheidung eigener Online-Shop oder nur auf einer der großen Online-Handels Plattformen beziehungsweise beides in Kombination, ist gut zu überdenken.
Dazu führen die Autoren Kawa & Wałęsiak (2019, S. 523) eine interessante Analyse über die Vor- und Nachteile an, die Verkäufer und Käufer auf großen Online-Handels Plattformen zu erwarten haben in den zwei nachfolgenden Tabellen, anschaulich an. (Vgl. Kawa & Wałęsiak, 2019, S. 521–529)

Tab. 1: Quelle: Aus Kawa & Wałęsiak, 2019, S. 523

Tab. 2: Quelle: Aus Kawa & Wałęsiak, 2019, S. 523
Wie wir schon aus den vorherigen Kapiteln feststellen konnten, spielt die technische Ausrichtung im E-Commerce Bereich eine wichtige, aber nicht die wichtigste Rolle, vielmehr spielt der Mensch die zentrale Rolle im Online-Handel, auf den es die Aufmerksamkeit zu legen gilt. Denn Kundenzentriertheit und die Wahrnehmung der Kundenbedürfnisse sind wesentliche Faktoren, die den erfolgreichen Abschluss in einem Online-Shop maßgeblich beeinflussen. Daher sollte auf die Betrachtung und Evaluierung der „psychologischen Bedürfnisse“ im Hinblick auf die Benutzerorientiertheit der Konsumentinnen und Konsumenten besonderer Wert gelegt werden. Ahrnoldt et al. berichtet (2019, S. 307) in seinem Buch „Erfolgszusammenhänge beim Online-Shop, im Kapitel 14.2 Psychologische Konsumentenbedürfnisse“ ausführlich über den „konsumentenseitig wahrgenommenen Wert“ im Fachbereich als CPV-Wert (Consumer Perceived Value) ausgewiesen. Erste Forschungshinweise lassen vermuten, dass der CPV-Wert als zentraler Erfolgsfaktor für einen Online-Shop gilt. (Vgl. Ahrholdt et al., 2019, S. 306–307)
Die Begriffe Kundenzufriedenheit und Begeisterung sind weitere wichtige Faktoren, die beim Aufbau eines Online-Shops zu berücksichtigen sind. Wobei der Kundenzufriedenheit ein eher kognitiver und weniger ein emotionaler Zustand zugeschrieben wird, bei dem die Erwartungen an das Produkt beziehungsweise an die Dienstleistung aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten erfüllt wurden. „Der Online-Handel sollte CPV-orientiert erfolgen, weil ein positiver CPV vermutlich Kundenzufriedenheit und Kaufabsicht positiv beeinflusst“ (vgl. Ahrholdt et al., 2019, S.309). Die Kundenzufriedenheit hat einen großen Einfluss auf das Kaufverhalten an sich und in weiterer Folge darauf, dass zufriedene Kundinnen und Kunden immer wieder im selben Geschäft einkaufen und es auch durch Mund-zu-Mund Propaganda weiterempfehlen. Jedoch wird der „Begeisterung“ eine weitaus gewichtigere Rolle beim Einkauf zugeschrieben, da es dabei um Emotionen geht, die Konsumentinnen und Konsumenten wesentlich stärker bewegen beziehungsweise veranlassen etwas zu kaufen als eine rationale Entscheidung (vgl. Rode, 2019). Ahrnoldt et al. (2019, S. 311) verweist in seinen Ausführungen, dass es wichtig sei neben der „utilitaristischen und aufgabenerfüllungsbezogenen Gestaltung des Online-Shops“ vor allem emotional bringende Elemente einfließen zu lassen.
Dass die Umsetzung eines emotionalen Kauferlebnisses in einem Online-Shop schwieriger umsetzbar ist als in einem stationären Einzelhandelsgeschäft, liegt offensichtlich an der Distanz und daran, dass Konsumentinnen und Konsumenten im Online-Shop nur einer Website gegenübersitzen und keinem Verkäufer aus Fleisch und Blut, der im persönlichen Gespräch aufmerksam die Kundenreaktionen wahrnimmt und unmittelbar darauf reagieren kann, um zum Beispiel vertrauensbildende Maßnahmen zu setzen. Im Online-Shop hingegen, können solche vertrauensbildenden Maßnahmen nur durch gut durchdachte verkaufspsychologische Strategien erreicht werden, wie durch bestimmte Signale, beispielsweise durch Gütesiegel, weil diese „vertrauensfördernde und kaufabsichtsfördernde Wirkung haben können“ (vgl. Ahrnoldt et al., 2019, S. 212–213). Daher ist es beim Aufbau eines Online-Shops und den damit einhergehenden Verkaufsprozessen besonders bedeutend, bereits vor der Umsetzung eine, erprobte, emotionale Verkaufsstrategie festzulegen, um damit die Chancen auf einen Online-Verkaufserfolg zu erhöhen.
Vaitkevicius et al. (2019, S. 631–640) haben in Ihrer Studie Kaufmotive in Online-Shops ergründet und haben dabei fünf von acht Motiven evaluiert, die in einem erfolgreichen Online-Shop Berücksichtigung finden sollten – diese sind:
· Ein schnelles und einfaches Einkaufsmodell
· Ein preisgünstiges Einkaufsmodell
· Ein schnelles und preisgünstiges Einkaufsmodell
· Ein klares, einfaches und günstiges Einkaufsmodell
· Ein schnelles und informatives Einkaufmodell zu vernünftigen Preisen
Adwan et al. (2021, S. 1–11) sind in ihrer Studie über die beeinflussenden Faktoren beim Online-Shopping zum Ergebnis gekommen, dass die Bequemlichkeit und das Vertrauen die Hauptgründe beim Online-Einkauf sind, nach denen Kundinnen und Kunden einen Online-Shop zum Einkauf auswählen.
Der Kauf findet über die Konsumentinnen und Konsumenten statt, daher wäre es wichtig zu wissen was wollen die Kundinnen und Kunden. Brucker-Kley et al. beschreibt, dass beim Einkauf die Schaffung von positiven Erlebnissen für Kundinnen und Kunden, eines der zentralen Themen bei der digitalen Transformation ist. Dafür investieren die Unternehmen auch in „digitale Erweiterungen von bestehenden Produkten und führen neue Technologien an der Schnittstelle zum Kunden ein.“ Die befragten Unternehmen gaben zu 95% an, kundenorientiert zu sein, jedoch zeigte bei näherer Betrachtung, dass tatsächlich nur 39% der Unternehmen über die finanziellen und personellen Ressourcen verfügen. Die Erhebung der Kundenbedürfnisse wird von den meisten Unternehmen über die „Auswertung von Kundenreklamationen durchgeführt. (Vgl. Brucker-Kley et al., 2018, S. S. 33–36)
Zusammenfassung – Digitale Transformation von Geschäftsmodellen
· Kundenzentriertheit muss die Basis für alle Online-Händler sein.
· 5,4 Millionen Österreicher unterhielten sich im März 2021 auf Facebook.
· Wandel des Geschäftsmodelles durch digitale Transformation.
· Geschäftsmodell beinhaltet nach Schallmo fünf Dimensionen und Elemente.
· Beispiele von Hagleitner und Burberry.
· Zuerst Schwachpunkte im eigenen Unternehmen wahrnehmen, um Veränderungen durchführen zu können.
· Ein Geschäftsmodell auswählen und eine Transformationsstrategie entwickeln.
· Transformations-Roadmap von Schallmo besteht aus fünf Phasen.
· Heinemann beschreibt sechs Phasen als Grundlagen des erfolgreichen Online-Handels Geschäftsaufbaues.
· Seit 2005 findet eine ständige und permanente Wandlung im Online-Handel statt.
· Erfahrung aus dem Distanzhandel hilft beim Online-Marketing.
· Unterscheidbarkeit und Abgrenzung sind wichtige Faktoren im Online-Handel.
· Ein einfacher Online-Shop hat keine Zukunft – mehrere USPs sind von Nöten.
· Krise als Chance und Wachstumstreiber bei der Digitalisierung.
· Big Player setzen Standards im Bereich Kundenorientiertheit.
· Vergleichsportale und Handelsplattformen.
· Vor- und Nachteile von Kawa & Walesiak
· Psychologische Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten beachten.
· Kundenzufriedenheit und Begeisterung sind wichtige Faktoren.
· Emotionale Verkaufsstrategie überlegen.
Literaturverzeichnis